Roter Backstein, mittelalterliche Ruinen und die Weite des Meeres, Visby empfängt uns mit stillem Charme und viel Geschichte. Ein Streifzug durch Gotlands schönste Stadt. Im Rahmen unserer dritten Kreuzfahrt besuchten wir im Juni 2025 die schöne Stadt Visby. Vorher hatten wir noch nie bewusst von Visby gehört. Gotland, die Insel auf der Visby liegt, verbanden wir vor allem mit Pippi Langstrumpf aber sie ist weit mehr als das. Als Kreuzfahrttourist kann man natürlich immer nur kurz in eine neue Welt eintauchen, aber genau das haben wir mal wieder auf unsere eigene Art getan. In diesem Artikel möchten wir euch mitnehmen auf unseren ganz persönlichen Streifzug durch Visby.
Beginnen möchten wir unseren kleinen Rundgang am offiziellen Visby-Sign, einem beliebten Fotospot direkt am Hafen. Für viele Gäste der Stadt ist es vielleicht der erste Stopp, um anzukommen, sich zu orientieren und vielleicht auch ein erstes Erinnerungsbild mitzunehmen. Auch für uns war es der Ausgangspunkt, um die Stadt zu erkunden.
Das große „#ILOVEVISBY“-Sign, es ist rostig, kantig aber auch modern. Es ist einer der offizielle Fotospots der Stadt und gleichzeitig ein guter Ort, um die ersten Eindrücke wirken zu lassen. Im Rücken die Yachten und Segelboote, vor uns der Weg in die Altstadt. Genau hier beginnt unsere kleine Tour durch Visby.
Schon auf den ersten Metern spürt man, Visby ist keine gewöhnliche Stadt. Sehr viel Kopfsteinpflaster, schon früh sieht man die ersten Ruinen und Teile der berühmten Stadtmauer, alles wirkt wie aus einer anderen Zeit und das ist es ja auch. Visby gehört zu den am besten erhaltenen mittelalterlichen Städten Nordeuropas. Im 12. und 13. Jahrhundert war Visby ein bedeutendes Handelszentrum der Hanse. Kaufleute aus Deutschland, Dänemark, Russland und vielen anderen Ländern gingen hier vor Anker, tauschten Waren und prägten das Stadtbild.
Die mächtige Ringmauer die sich bis heute fast vollständig um die Altstadt zieht, entstand im 13. Jahrhundert, ein Zeichen von Reichtum, aber auch von Sorge um Sicherheit. Heute ist Visby UNESCO-Weltkulturerbe und dennoch alles andere als ein reines Freilichtmuseum. Als wir im Juni 2025 dort waren, fand gerade ein internationales Energieforum statt. Gleichzeitig lagen zwei Kreuzfahrtschiffe im Hafen und doch wirkte die Stadt nicht überlaufen. Man spürte keinerlei Hektik, kein Gedränge, stattdessen aber sehr viel Ruhe, ein herzliches Miteinander und alles machte einen angenehm aufgeräumten und sehr sauberen Eindruck. Für ein paar Stunden tauchen auch wir ein in diese besondere Mischung aus Geschichte, Gegenwart und gelassener Atmosphäre.
Das Wetter an diesem Tag war eher durchwachsen aber irgendwie genau richtig, um entspannt durch die Stadt zu schlendern. Nicht zu warm, nicht zu kalt, ein bisschen Wind, viele Wolken am Himmel und immer wieder kleine Sonnenfenster. Gerade die Wolken sorgten auf den Fotos für etwas mehr Tiefe und Struktur am Himmel, während das wechselnde Licht die Farben der Häuser und Mauern immer wieder neu erscheinen ließ.
Kurz gesagt, es war angerichtet für einen richtig schönen Spaziergang. Für unseren Tag in Visby hatten wir uns über Komoot eine kleine Runde zusammengestellt. Etwa neun Kilometer sollte sie lang sein, nicht zu viel gleich am ersten Tag, schließlich war es der erste Stopp unserer Reise, und sechs weitere Städte sollten noch folgen.
Am Ende wurden es fast 13 Kilometer an diesem Tag aber jeder einzelne davon hat sich gelohnt. Wir haben wirklich viel gesehen, viel fotografiert, gefilmt und vor allem das ruhige, freundliche Flair dieser besonderen Stadt sehr genossen.
Für Foto und Video waren wir an diesem Tag mit leichter Ausrüstung unterwegs. Ich hatte die Sony ZV-E1 mit dem 16–35 mm dabei und meine Frau filmte mit der DJI Pocket 3. Dazu noch ein paar Ersatzakkus, mehr Technik kam nicht mit. Keine großen Rucksäcke, kein schweres Gepäck.
Unser Gedanke war klar, was machbar ist, versuchen wir und was sich vielleicht nicht umsetzen lässt, das holen wir beim nächsten Mal einfach nach. Es war ja auch keine Fotoreise und sollte es auch nie werden. Es war unser Jahresurlaub. Seit Jahrzehnten begleiten uns Kameras auf unseren Reisen in unseren Urlauben aber wir machen nicht Urlaub für Bilder und Videos, sondern mit ihnen.
Eines der ersten Bilder, welches wir auf dieser Tour aufgenommen haben, zeigt kein klassisches Postkartenmotiv, sondern ein Gebäude, das uns sofort neugierig gemacht hat. Hinter einer hohen gelben Mauer, gekrönt von Stacheldraht, verbirgt sich tatsächlich ein Hostel. Früher war dieses Gebäude ein Gefängnis, heute können hier ganz freiwillig Gäste einchecken. Für uns war das ein spannender erster Eindruck, Visby ist nicht nur schön, sondern auch voller Kontraste. Genau solche Entdeckungen lieben wir, Orte, die im ersten Moment irritieren und dann zum Schmunzeln oder Nachdenken einladen.
Das Gebäude ist ein ehemaliges Gefängnis, das von 1857 bis 1998 als Gefängnis (Sjumastaren/Länsfängelset) genutzt wurde, bevor es in ein Hostel umgewandelt wurde. Im Stadtbild ist es leicht zu erkennen, denn die sieben markanten Schornsteine sind weithin sichtbar für ankommende Schiffe. Seit 1998 beherbergt das alte Gefängnis das „Visby Fängelse Hostel“, in dem Reisende in ehemaligen Zellen übernachten können.
Nach nur wenigen hundert Metern erreichten wir die ersten Gassen der Altstadt und genau hier begann für uns das, was Visby wohl so besonders macht. Kopfsteinpflaster, farbenfrohe Häuser mit roten Dächern, gepflegte Vorgärten und kleine Details an Fenstern und Türen, die zum Stehenbleiben einladen. Die Gasse auf dem diesem Bild wirkte ruhig und fast schon wie aus einer anderen Zeit. Alles war sauber, liebevoll gestaltet und trotzdem nicht herausgeputzt. Es wirkte sehr einfach aber dadurch auch echt.
Beim nächsten Bild waren es vor allem die gelbe Holzfassade und die leuchtend pinken Rosen, die uns sofort ins Auge fielen. So lebendig, so freundlich und dazu dieser Blick zur Stadtmauer im Hintergrund, die sich fast beiläufig ins Bild schiebt. Wir hatten während der gesamten Reise keine bestimmten Motive im Kopf. Wir wollten einfach durch die Städte spazieren und offen sein für alles was kommt. Genau das hat Visby uns gleich ab dem ersten Tag ermöglicht. So lieben wir die Fotografie, frei von Zwängen, ohne Regeln im Kopf und ganz sicher ohne den Druck, etwas „müssen“ zu müssen. Bei uns muss kein Bild perfekt sein. Es soll Erinnerungen schaffen an Momente, an Licht, an Geräusche, an Stimmungen. Genau dafür lieben wir dieses wunderbare Hobby und genau deshalb begleitet es uns seit so vielen Jahren und dann natürlich auch auf unsere Reisen.
Hier sieht man ein Haus, an dem wir nicht einfach vorbeigehen konnten. Dunkles Holz, kräftiges Gelb, leuchtende Rosen, als hätte sich jemand hier seine ganz eigene Postkarte gebaut. Solche Ecken sind es, die uns immer wieder staunen ließen. Nicht, weil sie perfekt sind, sondern weil sie wirken. Wieder so herrlich einfach sind und dadurch eben total echt wirken und auch weil sie zeigen, wie viel Charakter eine Stadt haben kann, wenn man einfach mal ein bisschen abbiegt, denn unsere eigentlich geplante Tour hatten wir schon an dieser Stelle das erste mal verlassen.
Nach ein paar wirklich sehr schönen Gassen führte uns ein kleiner Aufstieg zu einem dieser Orte, an denen man wohl einfach mal stehen bleibt. Vor uns lag ein Teil des berühmten roten Dächmeers von Visby, eingerahmt von Bäumen und durchbrochen von den Türmen der Sankta Maria Domkyrka. Im Hintergrund einfach das Meer, leicht verwaschen vom Licht dieses wechselhaften Tages. Wir standen eine Weile hier, ließen auch die Kameras einfach mal ruhen, nahmen einfach nur in uns das gesehene auf. Für uns ist genau auch das Fotografie. Einfach einen Moment sehen, ihn fühlen und vielleicht auch festhalten aber das muss man auch nicht erzwingen.
Hier entstand natürlich auch eines unserer vielen gemeinsamen Selfies. Kein gestelltes Bild, kein großer Moment. Einfach wir, mitten in einer Stadt, die uns schon jetzt sehr überrascht hat. Wie immer sind das aber die privaten Momente unserer Reisen und bleiben dann natürlich auch privat.
Wer noch mehr Bilder von diesem Tag sehen möchte, mit einem Blick in die Gassen, den Details und Momenten, die hier vielleicht keinen Platz gefunden haben, dann schaut doch gern in unsere Galerie: 👉 Visby (Erst beim Anklicken werden die Bilder in voller Qualität angezeigt)
Es ging für uns dann wieder hinab und mitten in der imposanten Struktur der St.-Nicolai-Ruine entstanden diese speziellen Aufnahmen. Die Ruine gehörte an diesem Tag auch zum Veranstaltungsrahmen des Energieforums und machte die verfügbaren Perspektiven zwar spannend, aber auch sehr eingeschränkt. Doch genau das hat den Bildern dann vielleicht auch seinen Charakter verliehen: roh, erhaben, erlebbare Historie.
Die heutige Ruine geht zurück auf eine Kirche, die bereits zwischen 1215 und 1220 erbaut wurde, als Teil eines Dominikanerklosters im Norden von Visby. Sie war Sankt Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron der Seeleute und Kaufleute. Im Jahr 1525 wurde die Kirche im Angriff der Lübecker-Streitkräfte zerstört, ein Teil jener historischen Auseinandersetzungen, bei denen übrigens mehrere Kirchen in Visby zerstört wurden. Danach verfiel dann dieser schöne Bau und später wurden wohl auch noch Steine entnommen. Erst im 19. Jahrhundert begannen Restaurierungs- und Erhaltungsmaßnahmen, um die Ruine zu bewahren.
Wir standen dort, im Inneren dieser halboffenen Kathedrale, mit Blick nach oben. Kalksteinbögen ohne Dach, Himmel über uns und gleichzeitig ein moderner Gegenwartsbezug, weil genau hier eben ein Teil des angesprochenen Energieforums stattfand. Das ergab für uns eine gewisse Spannung, Mittelalter trifft Zukunft, Vergangenheit trifft Zukunft. Ein bisschen gewöhnungsbedürftig für unsere Art der Fotografie, doch oft entstehen vielleicht gerade dadurch auch besondere Bilder, die man sich dann behält.
Wir schlenderten weiter durch Visby, ohne Ziel aber entlang unserer kleinen Route und immer mit offenen Augen. Wir tauchten immer wieder in diese kleinen Gassen ein. Sie waren oft schmal aber immer voller Charme, mit viel Farbe und Leben, aber auch nie laut. Eine davon haben wir erneut für ein Foto festgehalten. Kopfsteinpflaster, verwinkelte Fassaden, ein Hauch von Alltag in Visby. Nicht inszeniert, sondern über Jahrzenhnte nein über Jahrhunderte gewachsen.
Ein Stück weiter stießen wir dann auf ein Haus, das uns sofort auffiel. Meine Frau hatte bereits im Vorfeld davon gelesen. Über der Tür steht in alter Schrift das Wort „Apothek“. Dahinter verbirgt sich das sogenannte Gamla apoteket, ein mittelalterliches Treppengiebelhaus aus dem 13. Jahrhundert, welches sich an der Ecke von Strandgatan und Lybska gränd befindet.
Es gilt als das älteste Haus in Schweden, das bis heute als Mietshaus genutzt wird. Ursprünglich wurde es wahrscheinlich als Pack- und Wohnhaus gebaut, im 19. Jahrhundert zog eine Apotheke ein. Als diese 1897 in neue Räume umzog, blieb der Name und wurde zu einem Teil der Stadtgeschichte. Heute ist es ein Wohnhaus. Kein Museum, keine Tafel, kein Souvenirshop. Es ist einfach ein Stück Visby, das noch da ist.
Unser nächstes Ziel war dann erstmal die Strandpromenade. Ein weiter, offener Weg direkt am Meer. Der Wind wehte kräftig, das Licht wechselte fast im Minutentakt, und vor uns rauschte die Ostsee gleichmäßig gegen die Steine. Wir setzten uns auf eine der vielen sauberen Bänke und ließen einfach mal alles sacken. Die engen Gassen, die alten Mauern, das Apothekenhaus und jetzt noch diese Weite. Da waren sie schon wieder, diese so wunderbaren Momente, auf die wir uns das ganze Jahr über freuen. Für uns bis heute nicht selbstverständlich und deshalb alles andere als Gewohnheit.
Ich entdeckte ein paar Küstenseeschwalben, sie zogen über das Wasser und waren wohl auf der Suche nach Beute. Sie kämpften mit dem Wind und ich habe sie eine ganze Weile einfach nur beobachtet. Mit dem, was wir an Equipment dabei hatten, war an ein Foto ohnehin nicht zu denken und umso mehr verlor ich mich in diesem besonderen Moment. Manchmal reicht es, einfach da zu sein.
Auf der Bank habe ich wohl das erste Mal auf die Uhr geschaut und ganz entspannt festgestellt, dass es gerade mal halb elf war. Wir hatten also noch alle Zeit der Welt. Kein Zeitdruck, kein Programm, einfach nur wir, das Meer und dieser wunderbare Moment. Dennoch entschieden wir uns, langsam weiterzugehen. Nicht weil wir mussten, sondern weil da draußen noch so viel auf uns wartete. Es war aber nicht unser Ziel, alle bekannten Punkte abzuklappern. Wir wollten Visby so erleben, dass es sich gut anfühlt, genug entdecken, aber ohne uns zu hetzen und wollten uns dabei immer das Gefühl bewahren, dass etwas für ein nächstes Mal übrig bleibt.
Der Weg führte direkt am Meer entlang, links die rauschende Ostsee, rechts die alte Stadtmauer von Visby. Und dazwischen wir. Eine parkähnliche Promenade, gesäumt von alten Bäumen, weichem Licht und dem ständigen Klang der Wellen. Es war einer dieser Wege, auf denen man nicht viel redet, sondern einfach nur geht und spürt, wie gut es tut, da zu sein.
Dann erreichten wir einen schmalen, fast unscheinbaren Feldweg, der uns ein Stück direkt an der Stadtmauer entlangführte. Das Gras stand hoch, links ein kleiner Holzsteg, rechts die jahrhundertealten Steine und über allem wehte still die schwedische Flagge im Wind.
Die Stadtmauer von Visby, im Kern bereits im 13. Jahrhundert errichtet, erstreckt sich heute noch über etwa 3,4 Kilometer. Ursprünglich mit rund 44 Türmen versehen, stehen davon immer noch über 30, ein wirklich beeindruckendes Zeugnis mittelalterlicher Baukunst. Man kann sich kaum vorstellen, was diese Mauern schon alles erlebt haben. Kriege, Handel, Belagerungen und jetzt stehen wir einfach da, laufen daran entlang, als wäre es ganz normal. Diese Steine haben Geschichte geatmet. Wir streifen sie eigentlich fast beiläufig aber genau das ist auch das Schöne an solchen Orten, man kann sich in ihrer Vergangenheit verlieren, ohne sich selbst dabei zu verlieren.
Je weiter wir gingen, desto eindrucksvoller wurde das Zusammenspiel aus Natur und Geschichte. Die Mauer schien nicht nur die Stadt zu schützen, sondern auch Erinnerungen zu bewahren. Manchmal lief sie streng und gerade durch die Landschaft, dann wieder begleitet von wilden Blumen, sanften Wiesen und Bäumen, die sich über die Jahrhunderte still an ihre Seite gestellt haben und obwohl sie so massiv ist, aus dicken Kalksteinblöcken gebaut, mehrere Meter hoch, wirkt sie nicht bedrohlich. Eher still, gelassen und würdevoll.
Unser Weg führte uns schließlich wieder durch eines der alten Tore zurück in die Altstadt. Es war ein bisschen wie der Wechsel in eine andere Welt. Gerade noch draußen mit weiten Wiesen, wilden Lupinen am Wegesrand, der Blick auf die Türme der Mauer und jetzt wieder unter den massiven Bögen hindurch, hinein ins Gewirr der engen Gassen, gepflasterten Straßen und kleinen Häuser. Wie viele Menschen wohl über all die Jahrhunderte genau hier entlanggegangen sind? Kaufleute, Pilger, Bauern oder einfach Spaziergänger wie wir, mit offenen Augen und viel Zeit.
Das Tor wirkte dabei fast wie ein Wächter. Als wolle es sich vergewissern, dass man achtsam genug ist, diesen Ort zu betreten und genau so fühlte es sich auch an, ein bisschen andächtig, ein bisschen neugierig aber vor allem einfach richtig. Wir waren also wieder zurück in der Altstadt von Visby.
Wir orientierten uns an den Türmen des Doms, die von fast überall in der Altstadt wie stille Wegweiser aus einer anderen Zeit wirkten. Der Weg führte uns dann eine kleine Anhöhe hinauf, es ging durch enge, kopfsteingepflasterte Gassen, die wohl typisch für dieses schöne Visby sind. Zwischen Rosensträuchern an den Fassaden, niedrigen roten Gartentüren und den hellen Fenstern der alten Häuschen war es fast, als würde man durch ein Freilichtmuseum spazieren, nur eben ganz real, ganz ruhig, ganz lebendig.
Rechts ragten die Türme des Doms in den Himmel, stolz und würdevoll, als wollten sie über das bunte Häusermeer wachen. Der kleine Platz, auf dem wir standen, war kein Geheimtipp, aber auch nicht überlaufen. Einige andere Besucher genossen ebenso den Ausblick oder suchten sich einen Platz für ein schönes Erinnerungsfoto. Ein paar von ihnen sprachen mich an und baten darum, ein Foto mit ihrem Handy zu machen. Meine Kamera um meinen Hals muss mich wohl verraten haben, dass ich das schon mal gemacht habe. Ich machte also ein paar Selfies aus eher ungewohnten Perspektiven. Ich machte es natürlich gern und tatsächlich, als sie die Bilder dann betrachteten, war die Freude größer, als ich erwartet hätte. Offenbar hatten sie sich so noch nicht gesehen, eingefasst von Stadt, Himmel und Geschichte und irgendwie, dass gebe ich gerne zu, freute mich das dann selbst auch.
Der Dom, den wir hier so eindrucksvoll vor uns sahen, ist die Sankt-Marien-Kirche oder auf Schwedisch ganz einfach, Sankta Maria Domkyrka. Sie stammt ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert, wurde von deutschen Kaufleuten errichtet und ist die einzige mittelalterliche Kirche Visbys, die nach der Reformation nicht zur Ruine wurde. Während ringsum die Zeit viele andere Bauwerke zu steinernen Gerippen verformte, blieb dieser Dom erhalten und wurde über die Jahrhunderte mehrfach erweitert und restauriert.
Seine Doppeltürme, sein warmes Kalksteinmauerwerk und das markante orange Ziegeldach gehören heute zum festen Bild der Stadt und wer genau hinschaut, erkennt an einigen Stellen immer noch die Spuren der Jahrhunderte und vielleicht auch ein wenig von dem Stolz, mit dem diese Kirche ihrer Zeit bis heute trotzt.
Auf einen Besuch im Inneren der Kirche haben wir verzichtetet. Nicht, weil es uns nicht interessiert hätte, ganz im Gegenteil aber auf dem Vorplatz war es inzwischen doch etwas voller geworden. Gruppen standen vor dem Eingang, Selfiesticks wurden ausgefahren, Stimmengewirr füllte die Luft und so entschieden wir uns ganz bewusst für die ruhigere Variante.
Stattdessen blieben wir ein paar Schritte abseits stehen und genossen den Ausblick, diesen weiten, offenen Blick über die Dächer von Visby. Von hier oben konnte man gefühlt die ganze Altstadt überblicken. Die orangefarbenen Ziegeldächer, die sich wie ein Teppich über die sanfte Hügellandschaft zogen, die schmalen Gassen dazwischen und am Horizont, ja fast schon kitschig schön, dass tiefblaue Band der Ostsee. Rechts stieg die Ruine der mittelalterlichen Kirche Sankt Karin in den Himmel, und ganz hinten sah man sogar noch einen kleinen Teil der Stadtmauer und die Überreste der alten Festung am Meer. Es war einer dieser besonderen Momente, die unsere Reisen für uns selbst immer wieder so besonders machen. Alles war da, Licht, Farbe, Geschichte und dieser Hauch von Zeitlosigkeit, den man eben nur an ganz wenigen Orten spürt.
Wir wussten natürlich, dass wir längst noch nicht alles gesehen hatten. Visby hat so viel mehr zu erzählen. Vieles findet man vielleicht erst zwischen den Zeilen, manchmal gut versteckt hinter Mauern oder Rosenbüschen. Aber trotzdem entschieden wir uns, ganz gemütlich den Rückweg in Richtung Hafen anzutreten. Alles in Ruhe und ohne Hast, ohne das Gefühl, etwas „verpasst“ zu haben. Denn genau das war es, was diesen Tag so besonders machte, das Loslassen von Plänen, das Gehen nach Gefühl und dem Wissen, wir kommen bestimmt nochmal wieder.
Unser Weg führte uns wieder durch diese verwinkelten Gassen, vorbei an kleinen Vorgärten und den für Visby so typischen, farbenfrohen Häusern. Dieses hier, mit seiner türkisblauen Fassade, der helleren Haustür und den leuchtend roten Rosen, war nur eines von vielen, die uns zum Staunen brachten. Manche wirkten fast wie Puppenhäuser, andere ein wenig schief und verwittert aber alle voller Charakter.
Wir haben natürlich längst nicht alles gesehen und vielleicht war es genau das, was diesen Tag auch so besonders gemacht hat. Visby hat uns nicht mit spektakulären Sehenswürdigkeiten überrollt, sondern mit Momenten beschenkt, die bis heute noch nachklingen. Auch genau deshalb bleibt da mehr als nur eine offene Tür für ein „vielleicht irgendwann mal wieder“.
Es bleibt diese echte Vorfreude. Die Lust, weiter einzutauchen, noch mehr zu entdecken, neue Wege durch die alten Mauern zu finden. Wir wissen jetzt schon, wenn wir eines Tages vielleicht zurückkehren, wird es sich anfühlen wie ein Wiedersehen mit einem Ort, den man irgendwie nie ganz vergessen hat.
Klingt ein wenig kitschig? Mag sein aber genau so war es. Wenn wir heute, Wochen nach unserer Rückkehr, gefragt werden, wo es uns am besten gefallen hat, fällt uns die Antwort natürlich nicht leicht und doch kommt Visby in unseren Gesprächen immer wieder vor. Weil es uns überrascht hat, berührt hat und weil es für uns geblieben ist.
Vielleicht sagen wir ja irgendwann nicht nur: „Willkommen zurück in Visby“, sondern auch: „Schön, dass wir endlich wieder da sind.“
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