Ich kann schon gar nicht mehr zählen, wie oft ich mit meinem 200–600er Teleobjektiv in den Muldewiesen unterwegs war. Direkt vor unserer Haustür beginnt hier ein kleines Paradies und für mich ein Ort, an dem ich immer wieder Kraft schöpfe. Als ich mir das Objektiv im Frühjahr 2021 gekauft habe, war mein ursprünglicher Gedanke: Tierfotografie im Zoo. Doch es kam ganz anders.
Damals habe ich lange überlegt. Fast 2.000 Euro für ein Objektiv, dass war erstmal eine Ansage. Viele meinten, es sei zu groß, zu schwer, lohne sich nicht, ich würde es eh kaum nutzen. Ich hatte bis dahin das 70–300 G an meinen APSC-Kameras (A6500 und A6600) im Einsatz. Ein solides Objektiv, das in der Sony-Welt eher unter dem Radar fliegt aber für mich war es ein verlässlicher Begleiter. Durch den Cropfaktor kam ich damit im Zoo schon auf ordentliche Brennweiten. Draußen auf dem freien Feld reichte das aber oft nicht.
Ich war nie der Typ für Tarnzelte oder stundenlanges Ansitzen. Stattdessen bin ich gerne in Bewegung, beobachte, entdecke und erzähle dabei manchmal auch noch. Das 200–600 G hat für mich alles verändert. Plötzlich war ich mittendrin in der Natur, auf der Suche nach Rehen, Füchsen, Hasen und immer öfter landete ich bei den Vögeln. Was als Versuch begann, wurde zu einer echten Leidenschaft.
Was ich nie genutzt habe und bis heute meide, ist die Serienbildfunktion. Klar, das macht vieles leichter. Aber ich wollte mich bewusst mit jedem einzelnen Bild auseinandersetzen. Das war zu Beginn echt hart und sorgte auch oft für Enttäuschungen. Viele verpasste Chancen, viele unscharfe Bilder. Aber ich habe meinen eigenen Weg gefunden. Lieber ein gutes Bild als 300 ähnliche und mit jeder Tour wurde es auch immer ein Stück besser.
An den APSC-Kameras hatte ich durch den Crop einen effektiven Brennweitenbereich von 300 bis 900 mm. Das war eine Wucht und auch ohne Tarnanzug kam ich so zu guten Ergebnissen. Die Muldewiesen, nur wenige hundert Meter von unserer Haustür entfernt, sind seither mein liebster Rückzugsort. Kein Auto nötig, einfach zu Fuß oder mit dem Rad und schon bin ich mittendrin.
Hier wird das Heu für ein nahegelegenes Gestüt gewonnen und gleichzeitig hat sich in den letzten Jahren ein beeindruckender Artenreichtum bei den Vögeln entwickelt. Möwen, Raben, Elstern, Rot- und Schwarzmilan, Fischadler, Turmfalken, Sperber, Weihen. Sie alle brüten oder jagen hier. Der häufigste Greifvogel dürfte wohl der Mäusebussard sein.
Auch bei den kleineren Arten ist die Vielfalt riesig. Von Amsel bis Zaunkönig ist alles dabei. Bienenfresser, Austernfischer, Eisvögel, ja sogar Flussseeschwalben, ich habe sie alle schon entdecken dürfen. Der Flusslauf selbst steht unter Naturschutz und ist ein wertvoller Lebensraum, der sich bis zur Elbe durchzieht.
Immer wieder sehe ich Kormorane, Graureiher, Silberreiher. Auf der Mulde schwimmen Haubentaucher, Blesshühner, Enten und sogar Gänsesäger. Jagdfasane, Spechte und Höckerschwäne sind fast alltäglich geworden. Und manchmal, mit etwas Glück, lassen sich auch Kraniche oder Singschwäne blicken. In solchen Momenten vergesse ich oft sogar, zu fotografieren, weil ich einfach nur staune und lächelnd beobachte.
Die Landschaft hier ist nicht spektakulär im klassischen Sinne. Keine Berge, keine tosenden Wasserfälle. Aber sie hat ihre eigene, stille Schönheit. Und genau das ist es, was mich immer wieder rauszieht.
Wenn wir uns neue Technik kaufen, sei es ein Objektiv, eine Kamera oder ein Zubehörteil, dann geht es uns nie darum, irgendwem etwas zu beweisen. Es geht uns auch nicht um das perfekte Bild, das alle bestaunen. Es geht darum, sich das Fotografieren einfacher zu machen, um schneller wieder im Moment zu sein.
Denn genau darum geht es: um das Erleben. Die Kamera ist für mich ein Werkzeug, um das, was ich sehe und spüre, festzuhalten, nicht um es zu ersetzen. Wenn mich Technik dabei unterstützt, schneller in diesen Flow zu kommen, den Moment intensiver zu spüren, dann hat sie ihren Zweck erfüllt. Nicht die Kamera macht das Bild. Der Moment macht es und ich darf ihn mit ihr bewahren.
Der Weg zur „guten“ Aufnahme war lang. Ohne Serienbild braucht es Geduld, Präzision und immer auch eine Portion Glück. Gerade bei Vögeln im Flug stoße ich mit kurzen Belichtungszeiten schnell an technische Grenzen. 2021 wechselte ich deshalb ins Kleinbildformat. Nicht weil APSC schlecht wäre, ganz im Gegenteil, aber bei schwachem Licht kam ich mit Rauschen und Detailverlust oft nicht weiter.
Das 200–600 an der A7 IV war ein großer Schritt. Zwar fehlte mir der APSC-Crop und die effektive Reichweite sank wieder auf 600 mm, aber die Bildqualität bei schlechtem Licht war einfach besser. Ich ergänzte das Setup mit dem 1.4x Telekonverter und war also wieder bei 840 mm, mein heutiger Standard.
Anfang 2024 wollte ich noch mehr Spielraum in der Bildentwicklung und entschied mich für die A7R V mit 61 Megapixeln. Klar, mehr Auflösung bedeutet potenziell mehr Rauschen. Aber moderne Software hilft da mittlerweile enorm und das Beste: Das Rauschverhalten ist sogar besser als bei der A7 IV. In Kombination mit dem Telekonverter habe ich weiterhin meine 840 mm und durch die hohe Auflösung kann ich zusätzlich croppen, wenn es nötig ist. Gerade bei kleinen Vögeln oder großer Distanz ist das ein echter Vorteil. Dazu kommt ein Autofokus, der in der A7 RV wirklich beeindruckend ist. Für die Vogelfotografie fast schon maßgeschneidert.
Wenn ich heute losziehe, dann meistens mit genau diesem Setup: Kamera, Telekonverter, ein, zwei Ersatzakkus und das 200–600. Viel mehr brauche ich nicht. Nach ein paar hundert Metern bin ich im Gebiet und sofort gedanklich woanders. Manchmal sehe ich viel, manchmal fast nichts. Aber das macht nichts. Ich erwarte gar nicht, dass jede Tour spektakuläre Bilder bringt. Für mich zählt das Unterwegssein, das Eintauchen und oft auch „nur“ das Beobachten.
Ich habe gelernt, meine Kamera blind zu bedienen, das Licht zu lesen, den Moment zu spüren. Natürlich klappt nicht immer alles. Manchmal ist das Licht mies, der Vogel zu schnell oder die Wiese zu hoch. Aber ich genieße jede Tour und das Beste: Es hört nie auf, ich lerne bei jedem Ausflug dazu.
Mein Traumfoto? Ganz klar: der Eisvogel und zwar hier, direkt vor unserer Haustür. Ich habe ihn schon öfter gesehen. Er wird immer präsenter. Ich bin sicher, irgendwann passt alles: das Licht, der Abstand, der Moment. Ich werde dann hoffentlich bereit sein aber erzwingen will ich nichts. Wenn es passiert, dann soll es auf meine Art passieren. Eben wie so oft einfach im Vorbeigehen.
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